Stellungnahme zum Aufruf „Kita-Kindeswohl-im-Blick“

Im Aufruf Kita-Kindeswohl-im-Blick stellt Veronika Verbeek für ein nicht weiter benanntes Aktionsbündnis die aktuelle Kita-Pädagogik in Frage und sieht mit ihr erhebliche Risiken für Kinder verbunden. Der Aufruf wurde an verschiedenen Stellen medial verbreitet und hat zu einer erheblichen Verunsicherung bei Eltern und vor allem für Widerstand in der Kita-Praxis geführt. Da der Aufruf aus einer fachwissenschaftlich begründeten Perspektive an vielen Stellen stark verkürzte und falsche Aussagen sowie unzulässige Verallgemeinerungen enthält, möchten wir, die Kommission Pädagogik der frühen Kindheit der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, die Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit e.V., der Studiengangstag Pädagogik der Kindheit, das Bundesnetzwerk Fortbildung und Beratung in der Frühpädagogik e.V. dazu Stellung beziehen.

Wir betonen, dass die heutige Kita-Pädagogik in Deutschland auf Kinderrechten, gesetzlichen Vorgaben (SGB VIII), landesspezifischen Bildungsprogrammen und empirisch belegten Qualitätskriterien basiert.

Der Aufruf enthält zahlreiche fachlich unzutreffende und verkürzte Aussagen, die wir im Folgenden einordnen:

  1. Krippenbesuch: Die pauschale Behauptung, dass ein Krippenbesuch dem Kindeswohl schade, entbehrt wissenschaftlicher Grundlage. Studien zeigen, dass eine qualitativ hochwertige Krippenbetreuung wichtige Entwicklungsimpulse bieten kann, beispielsweise durch Peer-Kontakte und gezielte pädagogische Unterstützung. Sie kann vor allem die soziale, kognitive und sprachliche Entwicklung positiv beeinflussen. Entscheidend sind dabei eine sensible Übergangsbegleitung und eine wertschätzende Interaktion zwischen Fachkräften und Kindern im Alltag.
  2. Selbstbildungsansatz: Die Kritik, Kitas würden Kindern keine klare Orientierung bieten und sie sich selbst überlassen, verkennt den theoretisch fundierten Diskurs zum Thema Selbstbildung. Dieser Ansatz basiert auf der Balance zwischen kindlicher Eigeninitiative und gezielter pädagogischer Begleitung. Fachkräfte beobachten intensiv, setzen kindorientierte Impulse und gestalten Lernumgebungen, die herausfordernd und fördernd zugleich sind.
  3. Partizipation: Die Annahme, dass Partizipation Kinder überfordere oder Erwachsene entmachte, widerspricht wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Kinderrechten. Kinder können frühzeitig eigene Bedürfnisse wahrnehmen und Entscheidungen treffen, wenn ihnen entsprechender Raum dafür gegeben wird. Eine partizipative Haltung der Fachkräfte stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder und ist ein zentraler Bestandteil moderner frühkindlicher Pädagogik. Den Rahmen für eine gelingende Partizipation zu setzen, liegt in der Verantwortung der Erwachsenen und wird von Kitas, welche eine hohe Qualität leben, sehr verantwortungsvoll umgesetzt. So bieten sie eine wesentliche Grundlage für demokratische Bildung.
  4. Stärkenorientierung: Der Vorwurf, Fachkräfte würden Auffälligkeiten bei Kindern zugunsten einer stärkenorientierten Pädagogik ignorieren, ist unbegründet. Die Praxis zeigt, dass Kita-Fachkräfte kontinuierlich an ihrer Beobachtungs- und Einschätzungskompetenzen arbeiten, um Entwicklungsauffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und passende Unterstützung anzubieten.

 

Fazit:

Die pauschale Kritik des Aufrufs entbehrt wissenschaftliche und praxisrelevante Grundlagen. In Ihrer Rolle als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren können Sie dazu beitragen, pädagogisches Personal zu stärken, indem Sie die fundierte Praxis der modernen Kita-Pädagogik hervorheben. Der Fokus sollte weiterhin auf der Förderung individueller Bedürfnisse der Kinder, der Qualitätssicherung in Kitas und der Unterstützung von Fachkräften, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, liegen, um ein stabiles Fundament für die frühkindliche Bildung in Deutschland zu sichern.

Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Kritikpunkte lesen Sie bitte auch die ausführliche Stellungnahme, an deren Ende Sie auch aktuelle wissenschaftliche, fundierte, evidenzbasierte Literaturangaben finden.

 

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