- Der Ausbau sowie der in Deutschland geltende Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung fördern die Erwerbsneigung, Erwerbstätigkeit, den früheren Wiedereinstieg und die Ausweitung von Teilzeiterwerbstätigkeit von Müttern. Beispielsweise zeigt sich, dass ein maßgeblicher Anteil des Anstiegs der Erwerbsquote von Müttern mit Kleinkindern zwischen 2007 und 2014 direkt dem Ausbau der Kindertagesbetreuung zuzuschreiben ist. Zudem sind rund 50 Prozent der Mütter von Kindern im Alter von einem bis unter drei Jahren mit gedecktem Betreuungsbedarf mehr als 20 Wochenstunden erwerbstätig, während es unter Müttern mit ungedecktem Platzbedarf nur 18 Prozent sind. Dabei wären 90 Prozent der Mütter mit ungedecktem Betreuungsbedarf, die derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, gerne erwerbstätig – hier liegt folglich ein großes Potenzial an Arbeitskräften.
- Ganztagsbetreuung hat eine höhere Wirkung auf das Arbeitsangebot von Müttern als Halbtagsbetreuung. Zum Beispiel kommt eine Studie zum Schluss, dass die Beschäftigungswahrscheinlichkeit für Mütter, deren Kinder ganztags betreut werden, um rund 19 Prozentpunkte höher ist als für Mütter, deren Kinder nur halbtags betreut werden. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Vollzeittätigkeit steigt um 9,5 Prozentpunkte, was 7,3 zusätzlichen Arbeitsstunden pro Woche entspricht.
- Darüber hinaus beeinflussen Gruppengröße und Betreuungsrelation die Beschäftigungswahrscheinlichkeit und die Ausweitung der Arbeitszeit positiv. Unter anderem führt eine höhere Qualität der Kindertageseinrichtung, gemessen an der Personal-Kind-Relation, zu einem Anstieg der Arbeitszeiten von etwa 3 Stunden pro Woche. Die Corona-Krise ging demgegenüber aufgrund der unsicheren Betreuungssituation sowie Qualitätseinschränkungen durch Hygienemaßnahmen mit einer verzögerten Rückkehr von Müttern in den Beruf einher.
- Ein bedarfsgerechtes Angebot der Kindertagesbetreuung erreicht auch das Arbeitsmarktpotenzial der Mütter mit Migrationshintergrund, die sich in ihrer Haltung zur Erwerbsarbeit kaum von Müttern ohne Migrationshintergrund unterscheiden. Allerdings haben Familien mit Migrationshintergrund (ca. 40 Prozent) und armutsgefährdete Familien (ca. 33 Prozent) mit Kindern zwischen einem und unter drei Jahren überdurchschnittlich häufig einen ungedeckten Betreuungsbedarf.
- Internationale Studien zeigen auf, dass Investitionen in den Platzausbau sowie in eine höhere Qualität der Kindertagesbetreuung den öffentlichen Haushalt zwar zunächst belasten, in der langen Frist die Einnahmen des Staates die Ausgaben jedoch übersteigen würden. In Deutschland kann aufgrund der föderalen Ausgaben- und Einnahmenstruktur vor allem der Bund von Investitionen in frühe Bildung profitieren.
Was die Familienpolitik tun kann
Daraus ergeben sich für die Politik unter anderem folgende Handlungsempfehlungen:
- Für Eltern ist ein regionales Betreuungsangebot mit kurzen Anfahrtswegen sehr wichtig. Dies sollte bei Planungen angesichts des in Ostdeutschland abnehmenden Betreuungsbedarfs und kostengetriebener Zusammenlegungen von kleinen Einrichtungen berücksichtigt werden.
- Platzangebot und Betreuungsschlüssel sollten bedarfsgerecht sein. Zu große Kitagruppen schrecken vor allem Eltern mit Kindern unter drei Jahren ab.
- Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund und niedrigem Bildungsabschluss sollten in der Kindertagesbetreuung mehr berücksichtigt werden; hier ist der größte Nutzen zu erwarten.
- Die Datenlage und die Kommunikation zur (Bildungs-)Qualität der Betreuung sollten ausgebaut und verbessert werden, um Vorbehalte bei Eltern abzubauen und sinnvoll investieren zu können.
Quelle: prognos/BMFSJF